Viele Unternehmen wissen nicht, ob und wie sie gendern sollen. Wir zeigen Ihnen den Stand der Dinge und geben wertvolle Tipps.
Eines gleich vorab: “Richtig” gendern gibt es nicht. Auch wenn es noch keine feststehenden Regeln gibt, sollten sich Unternehmen und Organisationen jetzt unbedingt Gedanken darüber machen, ob und wie sie die unaufhaltbare Trendwende für sich nutzen können. Wir zeigen Ihnen, worum es beim Gendern eigentlich geht und stellen Best Practices vor.
Viele denken beim Gendern sofort an das Gender-Sternchen, das mittlerweile fast allen bekannt ist. Aber lesen Sie nochmal den letzten Halbsatz (“…das mittlerweile fast allen bekannt ist”). Auch dieser Satz ist gegendert. Wäre er im generischen Maskulinum – also im bisher gewohnten Sprachgebrauch – formuliert, müsst der Halbsatz wie folgt lauten: “…das mittlerweile fast jedem bekannt ist”.
Beim geschlechtsneutraler Sprache geht es im Kern um zwei Anliegen:
Das ist der Kern der sensiblen Sprache. Bei Sammelbegriffen oder Berufsbezeichnungen soll nicht länger nur männliche Form verwendet werden. Die Regel “Männer werden genannt, aber alle sind gemeint” wird in Frage gestellt.
Die deutsche Sprache befindet sich im Wandel und das Gendern erhitzt viele Gemüter. Das Ergebnis: Eine unnötige Polarisierung. Gefühlt gendern die eifrigsten Gender-Aktivisten bis ins Unermessliche (gendern Sie doch mal das Wort “Frauenarztbesuch” mit dem Gender-Sternchen), während die andere Seite jegliche Veränderungen am Sprachgebrauch pauschal und vehement ablehnt.
Fakt ist: Geschlechtsneutrale Sprache hat einen messbaren Effekt. Die Disziplin der Neurolinguistik befasst sich damit schon länger. Wird beispielsweise eine Arbeitsstelle gegendert ausgeschrieben (“Ingenieur:in gesucht” oder “Pflegekraft gesucht”), fühlen sich davon nachweisbar Frauen mehr angesprochen als von Formulierungen im generischen Maskulinum (“Ingenieur gesucht”, “Krankenpfleger gesucht”).
Wenn Sie geschlechtsneutral formulieren wollen, gibt es keinen Duden, in dem Sie die Regeln für richtiges Gendern nachsehen können. Es gibt keine standardisierten Regeln. Hauptsächlich stehen aber folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
Wie bereits ganz am Anfang erwähnt: Die beste Form des Genderns gibt es nicht. Beispielsweise ist das Binnen-I ganz anders historisch entstanden als die Gender Gap – und die beiden genutzten Stile sollen als Symbole auch verschiedene aktivistische Einstellungen kommunizieren. Die meisten Unternehmen und Organisationen wünschen sich aber eine möglichst neutrale und unterschwellige Form der geschlechtsneutralen Sprache. Sie soll fair sein, aber auch klar lesbar und verständlich. Aber wie kann das gelingen?
Natürlich steht es jedem Unternehmen und jeder Organisation offen, welche Form verwendet wird. Gegenwärtig sieht es jedoch so aus, dass sich der Gender-Doppelpunkt gegen das Gender-Sternchen langfristig durchsetzen wird. Er wird als weniger störend empfunden, unterbricht den Lesefluss weniger und nimmt zudem weniger Platz ein. Außerdem gibt es unter Rezipienten von geschriebenen und gesprochenen Inhalten, egal ob Print oder Online, eine Präferenz: Wenn möglich, bitte neutrale Bezeichnungen statt sich aneinander reihender “*innen-Begriffe”.
Ein Unternehmen entschließt sich dazu, das Gender-Sternchen in der internen und externen Unternehmenskommunikation zu nutzen. Herr Sternchen und Frau Moderat aus Corporate Communications Abteilung verfassen beide den Text einer internen E-Mail.
Herr Sternchens Entwurf:
“Ab dem 01.01.2022 rufen wir alle Mitarbeiter*innen der “Taskforce Mitarbeiter*innenzufriedenheit” dazu auf, sich an die zuständigen Abteilungsleiter*innen und Personaler*innen zu wenden, damit sie die externen Unternehmensberater*innen über die Umstrukturierungsprozesse informieren können.
Wir rechnen deshalb mit einer schnelleren Umsetzung der Maßnahmen durch das Expert*innengremium. Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie bitte die für Sie zuständigen Sachbearbeiter*innen.”
Frau Moderats Entwurf:
“Ab dem 01.01.2022 rufen wir die Mitglieder des “Taskforce Mitarbeitendenzufriedenheit” dazu auf, sich an die jeweils zuständige Abteilungsleitung sowie Personalkraft zu wenden, damit die externe Unternehmensberatung schneller über die laufenden Umstrukturierungsprozesse informiert werden kann.
Wir rechnen mit einer schnelleren Umsetzung der Maßnahmen durch das Sachverständigengremium. Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie bitte die für Sie zuständige Sachbearbeitung.”
Es macht also einen gewaltigen Unterschied, wie man gendert. Das stellt Unternhemen vor große Herausforderungen. Wie soll man geschlechtsneutrale Sprache verwenden, für die es keine klaren Regeln oder Standards gibt?
Die geschlechterneutrale Sprache verbreitet sich schnell. Mittlerweile setzt die Mehrheit der DAX-Konzerne etwa schon auf moderne und gegenderte Ausdrucksformen. In immer mehr Betrieben spielt die Thematik mittlerweile auch im Flurfunk eine Rolle. Dabei bilden sich oft unnötige Lager. Manche begrüßen die neue Art zu sprechen und zu schreiben als fair und wertschätzend. Andere sehen darin eine inakzeptable Anmaßung, den persönlichen Sprachgebrauch zu kontrollieren.
Fakt ist: Überall, wo Organisationen kommunizieren, braucht es klare Regeln für die Kommunikation. Und diese Regeln müssen auch von allen anwendbar sein. Dabei geht oft verloren, dass nicht nur hauptberufliche Text- und Sprachprofis aus der Unternehmenskommunikation damit konfrontiert werden, sondern streng genommen alle Mitarbeitenden, die Kontakt mit Externen haben.
Unternehmen und Organisationen müssen sich also zwei zentrale Fragen stellen.
Sie denken als Unternehmen oder Organisation darüber nach, faire Sprache in ihrer Kommunikation zu verwenden? Wir helfen Ihnen gerne dabei, gemeinsam ein Leitbild und Guidelines für den Change-Prozess hin zur fairen Sprache zu entwickeln.
Nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf. Wir helfen Ihnen gerne weiter!
Bilder: Tim Mossholder via unsplash.com (Titelbild), eigene Darstellung (Tabelle), Leon via unsplash.com (Symbolbild Meeting)